Greta Stengel
geborene Kuppenheim, geb. am 25. Juli 1877 in Pforzheim als jüngstes Kind der Unternehmerfamilie Louis Kuppenheim. Deren „Gold- und Silberwarenfabrik“ genießt international einen ausgezeichneten Ruf. 1903 heiratet die zum evangelischen Glauben konvertierte Greta den nichtjüdischen Arzt Hermann Stengel. Sie bekommt zwei Kinder. 1933 wird sie Witwe. Im gleichen Jahr wird Hitler Reichskanzler und die Entrechtung Deutscher mit jüdischen Wurzeln beginnt. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ im Herbst 1935 werden Greta Stengel und ihre Kinder quasi über Nacht zu „Nichtariern“ degradiert; ihre Ehe wird zur „Mischehe“. Ausgrenzung und Verfolgung nehmen stetig zu, sie muss Wertgegenstände abgeben, und wie alle jüdischen Deutschen die „Judenvermögensabgabe“ zur Behebung der Schäden der Pogromnacht zahlen. Ihre Witwenrente wird gekürzt und zeitweise gar nicht bezahlt. Die Lebensmittelrationen sind geringer, es gilt eine Ausgangssperre. Ab 1939 muss sie den Zwangsnamen „Sara“ führen – aber ihre „Mischehe“ bewahrt sie vorerst vor Depor-tationen, ihr Alter vor Zwangsarbeit. 1938 wird Bruder Hugo in den Selbstmord getrieben, ebenso 1940 Bruder Rudolf und Schwägerin Lilly. Bruder Ernst kommt 1943 im Arbeitserziehungslager Heddernheim um. Sie ist nun die einzige Überlebende der Kuppenheim-Geschwister. Am 10. Januar 1944 wird die 67-jährige von der Gestapo in ihrem Haus verhaftet. Am Bahnhof in Karlsruhe muss sie unterschreiben, dass ihr gesamtes Vermögen an das Deutsche Reich fällt, bevor Transport Nummer 27 ‒ XIII/4 sie ins KZ Theresienstadt verschleppt. Völlige Entrechtung und Demütigungen, Schmutz und Ungeziefer, sowie eine gänzlich unzureichende Ernährung prägen den Alltag in Theresienstadt; die Todesrate ist hoch. Ihre „Mischehe“ bewahrt Greta vor der Deportation in ein Vernichtungslager. Am 8. Mai 1945 wird das KZ befreit, Greta kehrt, an Knochentuberkulose erkrankt, zurück. Das Haus der Familie ist ausgebombt. Am 5. November 1965 stirbt Greta Stengel in Heidelberg, wo ihre Kinder leben. (Text Frau Sabine Herrle)
Pate: Caroline Kuppenheim